Mittwoch, März 19, 2014






Unfreiwilliger Aufbruch



Es war eine nette Zeit. Sally und ich, wir paßten gut zusammen. Tagsüber arbeitete sie und ich schlief aus. Nachmittags kam sie dann nach Hause und brachte dabei immer ein paar Flaschen Wein oder auch Gin mit, den wir uns mit Wasser und Zitronensaft streckten. Wir tranken ein paar Stunden lang, bis ich dann abends scharf wurde. Nun wurde ausgiebig gefickt und danach weitergetrunken. Meist pennte Sally vor mir ein, weil sie ja am nächsten Morgen wieder zur Arbeit mußte. Während ich weitertrank, um mich von den ersten Vögeln zum Sonnenaufgang in den Schlaf singen zu lassen. Es war das Paradies auf Erden. Ab und zu stieg ich schon mittags aus dem Bett und latschte ein wenig in der Gegend rum, auch wenn es immer ein ziemlicher Akt war, die Strickleiter runter- oder hochzuklettern.
Bei Kerzenburg – so hieß der Ort, an dem ich gelandet war – handelte es sich um ein verschlafenes Nest, genauer gesagt um eine ringförmig befestigte Anlage mit hohen Mauern drumrum. Innen drin war ein zweiter Mauerring. Wahrscheinlich konnten sich so die feinen Pinkel, die es hier in der Gegend gab, bei einem Angriff von außen in diesen zweiten Ring zurückziehen und die Türen abschließen, um dann drinnen die guten Sachen allein auszutrinken, bevor man sie massakrierte. Da jetzt aber Frieden war, konnte man überall in der Burg herumspazieren, auch innerhalb dieses zweiten Ringes. Oft standen dort ein paar religiöse Freaks, die Lieder sangen oder Predigten hielten, welche kein normaler Mensch nachvollziehen konnte. Manchmal setzte ich mich ins Gras und hörte ihnen zu. Es beruhigte mich, nicht der einzige Wahnsinnige in dieser Welt zu sein.
In der östlichen Gegend von Kerzenburg gab’s einen Tempel mitsamt Priester. Dieser Priester hatte ein langes blau-rotes Gewand an. Auf seiner Nase saß eine große, dunkle Warze, aus der fünf dicke, spiralige, schwarze Haare wuchsen. Man konnte bei ihm auch Medikamente zum Beispiel gegen Dünnpfiff oder Kater kaufen. Nur fehlte mir dafür leider das Geld. Der Priester hieß Jonny. Ich unterhielt mich oft mit ihm, denn es kam kaum Kundschaft in seinen Laden. Jonny war die meiste Zeit deprimiert, was an dem allgemeinen Werteverfall und der gottlosen Jugend lag. Er war traurig über den Autoritätsverlust seiner Kirche. Die Leute wollten keinen geistigen Rat mehr, sondern nur noch Präservative kaufen. Das ging ihm ziemlich an die Nieren.
„Weißt du, Hank,“ sagte er zu mir, „in der letzten Zeit geht alles den Bach runter. Früher habe ich mit den Menschen über Gott geredet, man interessierte sich für die höheren philosophischen Fragen. Man konnte über Ethik und deren Begründung in der Erkenntnistheorie debattieren. Mein Wissen um die verborgenen Geheimnisse, die Wundertaten meines Gottes und den richtigen Weg, zu ihm zu finden, war gefragt. Mütter brachten ihre neugborenen Kinder zu mir, auf daß ich sie segnete. Die Männer baten mich um Auskünfte über die kommende Erntesaison. Ich durfte ihnen aus dem Flug der Vögel oder dem Gekröse der Opfertiere das Wetter und den Tod des reichen Erbonkels vorhersagen. Junge Paare berieten sich vor ihrer Hochzeit mit mir, die Politiker befragten mich vor schweren Entscheidungen und wenn die Armee in den Krieg zog, durfte ich sie als Instrumente der Gerechtigkeit weihen, ihnen einen festen Platz im Himmel reservieren und die Feinde verfluchen. Ach herrjeh, was waren das für schöne, aufwühlende Predigten, die ich den Soldaten hielt! Feurig waren meine Reden und sehr überzeugend. Meistens haben wir dann ja auch gewonnen. Das waren noch Zeiten! Heute kommen die Leute nur noch zu mir, wenn sie was gegen Hämorrhoiden brauchen oder eine extra große Vorratspackung Viagra. Ich sage dir, Hank, es geht bergab. Meinst du nicht auch?!“
„Yup!“, sagte ich dann, „Die ganze Choose geht langsam aber sicher in’n Arsch, da bin ich ganz deiner Meinung. Hast Du vielleicht noch ein Gläschen von diesem süffigen alten Gebräu für mich übrig?“
Und in der Regel schenkte Jonny mir dann ein, und ich hörte ihm weiter beim Jammern zu. Wenn Jonny richtig in Fahrt kam, dann zitterten die fünf Haare auf seiner Nasenwarze, als stünden sie unter Strom, während ich den Meßwein in kleinen Schlucken schlürfte.

An ihren freien Tagen machte Sally gemeinsam mit mir Spaziergänge in der Nähe Kerzenburgs. Wenn das Wetter gut war, steckten wir uns ein paar Sixpacks ins Inventar (ich hatte meinen Rucksack tatsächlich vorn im Eingang zu Winthrops Schenke gefunden) und zogen an den Strand zum Picknick. Das waren grandiose, seidengewandete Momente! Wir lagen auf unseren Handtüchern, die wiederum auf dem weichen, weißen Sand der Schwertküste lagen. Die Wellen plätscherten sich eins. Hier und dort guckte mal ein neugieriger Fisch aus dem Wasser und winkte uns zu. Möwen, Strandläufer, Papageien und sonstige Meeresvögel schaukelten in der Brise wie besonders vornehme Mobilés. Die Sonne brannte uns auf den Pelz und entzündete tausend kleine Feuer in Sallys Haaren. Wir pimperten ab und zu im Rhythmus der Brandung, knackten die eine oder andere Dose, und dann standen wir auf und spielten Haschmich mit Naßspritzen. Ich wackelte mit meinem haarigen Arsch, fiel absichtlich ins Wasser dort, wo’s flach war, gröhlte schmutzige Lieder und tat auch sonst noch so manches, um Sally zum Lachen zu bringen. Denn wenn Sally lachte, noch dazu bei gutem Wetter, dann war das, als hätte man eben gerade nen Liter Ambrosia runtergezischt und würde nun dem Gesang eines Engels lauschen. Eines Engels mit endlos langen Beinen, prallen Brüsten und bezaubernden Sommersprossen auf der Nase. Man schmeckte in solchen Momenten die schimmernde Ewigkeit auf der Zunge, und diese Ewigkeit hätte nach meinem Geschmack gar nicht lang genug sein können. Wenn wir ausreichend getobt hatten, warfen wir uns erschöpft und noch vom Meereswasser beglänzt wieder auf unsere Handtücher und unterhielten uns. Oft redeten wir dann auch Stuß.
„Hey, Sally, weißt Du eigentlich, daß ich total verknallt in dich bin? Das habe ich bisher noch nicht sehr vielen Frauen erzählt.“
„Naja, mir erzählen die Männer das mindestens jeden zweiten Tag. Aber ich liebe dich trotzdem, Hank!“
„Siehste Sally, und genau da komme ich irgendwie nicht mit. Ich bin ein alter Knacker, der zur einen Hälfte aus Aknenarben und zur anderen aus Bierbauch besteht. Ich hab Haare am Achtersteven und bin jeden Morgen verkatert. Wie kann man so ein Jammerbild denn lieben?“
„Naja, du bist vielleicht nicht der Schönste, aber das stört mich nicht weiter. Ich liebe deine Art, über die Menschen zu schimpfen. Ich mag deinen Gang, deine Offenheit, deine blödsinnigen Witze, die Art, wie du dir Zigaretten anzündest und daß du den Rauch durch die Ohren rauspusten kannst. Du bist ein großartiger Künstler. Deine Gedichte sind ehrlich und haben Drive. Deine Short-Stories zeigen die Welt, wie sie ist und reden nicht um den heißen Brei herum. Außerdem kenne ich niemanden, der es einem so gut wie du mit der Zunge besorgt!“
Solche Komplimente bauten mich mächtig auf, und ich bemühte mich, ihnen auch zu entsprechen. Was meine Zungentechnik anging, so glaubte ich Sally. Das war eine der wenigen Sachen, die ich wirklich beherrschte. Mit den Gedichten und Short-Stories sah die Sache ein wenig anders aus. Ich hatte Sally meine alten Arbeiten zu lesen gegeben, die seltsamerweise ebenfalls in meinem Inventarrucksack gelegen hatten. Aber seit ich hier war, hatte ich nichts Vernünftiges mehr zustande gebracht. Ich redete mir ein, das läge daran, daß ich jetzt mit Feder und Tinte statt mit der Schreibmaschine schreiben mußte, aber bei Licht betrachtet wußte ich: dies war eine billige Ausrede.
In Wirklichkeit fiel mir nichts mehr ein. Ich hatte keine Ideen. Alle guten Pointen, die mir in den Sinn kamen, verbriet ich, wenn ich mit Sally zusammen war, in Gesprächen. Aller Witz, alle Geistesgegenwart bot ich in diesen Gesprächen auf, da blieb kaum mehr was zum Schreiben übrig. Die Frau saugte mich geistig aus, und ich wußte nicht, ob mir dieser Blowjob gefallen sollte. Andererseits war das im Augenblick auch unwesentlich. Ich litt nicht besonders unter meiner Schreibschwäche, hätte vielleicht ganz auf’s Schreiben verzichten können, wenn nicht Sally gerade mein Schreiben so an mir gelobt hätte.
Um ihr zu gefallen, setzte ich mich also manchmal an den Tisch in ihrem fünfeckigen Zimmer, scheuchte Lawrence vom Papierstapel und schrieb ein paar Sätze hin. Sally verbot ich, diese neuen Sachen zu lesen. Ich erzählte ihr, es handele sich um einen neuen Roman und den bekomme sie erst zu lesen, wenn er fertig sei. Denn bei unfertigen Sachen könne ich Kritik einfach nicht ertragen, also müsse sie sich schon noch ein wenig gedulden.
In Wirklichkeit handelte es sich aber nicht um einen Roman, sondern um haufenweise Anfänge für irgendwelche Short Stories. Die aber waren immer so schlecht und uninspiriert, daß ich nach wenigen Sätzen keine Lust mehr hatte, ihren Plots weiter zu folgen und unnütz meine Kräfte zu vergeuden. Wenn Sally nach Hause kam, packte ich dann die bekritzelten Seiten zusammen, stopfte sie in meinen Rucksack und wendete mich solchen Dingen wie Sallys warmen Händen und Ohren und Haarspitzen zu...
Alles in allem war es jedenfalls eine wunderbare Zeit. Ich kriegte alles, was ich mir nur je vom Leben erwünscht hatte. Ich streckte meine Beine aus, ließ die Seele baumeln und schwang im Einklang mit den Vibes des Universums.

Oben indes saß Gott, schaute sich das ein Weilchen an, wurde immer skeptischer, verschränkte die Arme über der Brust, machte ein muffeliges Gesicht, trippelte mit den Fingern... Und irgendwann hatte er die Faxen dicke. Vielleicht flogen die Vögel etwas tiefer als sonst, vielleicht hätte Jonny mich warnen können. Aber ich fragte ihn nicht.

Sonntagabend kam Sally später als sonst von der Arbeit. Als sie wie üblich durch’s Fenster kletterte, hatte sie keinen Gin dabei, dafür aber rot verheulte Augen.
„He, Sally-Babe, mach dir nichts draus!“, wollte ich sie beruhigen, „Wir haben noch ne halbe Flasche von gestern, das reicht doch für den Abend, oder?“
„Du mieser, gefühlloser Klotz, du dreckiger, alter Mann, du fauler, stinkender Bastard!“, heulte Sally los, griff sich Lawrence von Arabien und schloß sich mit ihm auf’m Klo ein. Was war denn hier los? Ich klopfte an die Klotür: „Ey, Sally, what’s up? Biste auf’m miesen Trip, hat dir jemand was Verkehrtes ins Crack gemischt, oder was ist? Mach mal die Tür auf, das strengt einen an, durch fünf Zentimeter dicke Eichenbohlen zu brüllen!“
Die Tür sprang auf und Sally flitzte an mir vorbei, warf Lawrence in eine der fünf Ecken, schmiß sich auf die Matratze und vergrub ihren hübschen Kopf unter einem Kissen.
„Aber Baby, Baby, woher diese Trauer?“ Ich tätschelte die Stelle des Kissens, wo ich ihren Hinterkopf vermutete. „Was ist denn so Schlimmes passiert, willste’s mir nicht sagen? Komm schon, dem alten Onkel Hank kannst du doch - ...“
Schlangenhaft schnell kam sie unter dem Kissen hervor und blitzte mich an.
„Der alte Onkel Hank kann mir mal im Mondschein begegnen! Was Schlimmes passiert ist, willst du wissen? Ich lebe seit Wochen mit einem antriebslosen, stinkenden Penner zusammen! Mit einem Typen ohne jeden Ehrgeiz, der nicht mal seine Drinks selbst finanzieren kann! Ich verschwende mein Leben an einen Versager! Alle anderen Frauen in Kerzenburg lachen über mich! Du kriegst überhaupt nichts auf die Reihe, Hank! Du wohnst bei mir, du trinkst meinen Gin, du schaffst deinen Arsch immer erst nachmittags aus den Federn und hängst dann sofort angeschlagen in den Seilen! Wo ist dein Mumm, Hank, wo ist dein Pep, wo sind deine verschissenen Visionen? Du schaffst es ja nicht mal, dir jeden Tag die Zähne zu putzen. Und ich muß für dich meinen Arsch herhalten!“
„Och komm, Sally, ich mag deinen Arsch ja ganz gern, aber gezwungen habe ich dich noch nie zu etwas...“
„Verdammt, Hank, kapierst du denn gar nichts?! Nicht dir halte ich meinen Arsch hin, sondern solchen Stinkstiefeln wie dem tatterigen Ulraunt!“
„Wiebitte? Ich verstehe immer nur Ulraunt... Du – du meinst… DU LÄSST DICH VON DIESEM GREISEN KUTTENPFRIEMEL PIMPERN?!!!“
„Ich ließ, Hank, ich ließ! Was denkst du denn, woher das Geld für die Miete hier kam, oder wer den Gin bezahlt hat, hä? Du glaubst doch nicht ernsthaft, daß man als freischaffende Meisterdiebin in einem kleinen Nest wie Kerzenburg existieren könnte, oder? Sag mal, wie naiv bist du eigentlich? Natürlich hab ich mich von Ulraunt ficken lassen, und noch von einer ganzen Reihe anderer werter Herren hier in der Umgebung. Und das alles nur, um mit dir zusammenleben zu können. Mit dir, einem arbeitsscheuen Verlierer, einem Schmarotzer am Arsch der menschlichen Gesellschaft! Aargh! Wie konnte ich nur so naiv sein! Aber das ist jetzt aus und vorbei, jawohl! Ich lasse mich nicht länger ausbeuten! Wenn du Gin willst, dann besorg dir selber welchen! Und wenn du irgendwo pennen willst, dann miete dir meinetwegen ein Zimmer bei Winthrop!“
„Oh, Sally, Baby, das kannst du nicht ernst meinen? Ich hab keinen roten Heller, wie soll ich mir da was zu Trinken besorgen? Ich bin Künstler, Baby! Künstler können nicht arbeiten wie andere Leute, ich brauche die Inspiration und Muße, um etwas Großartiges hervorzubringen...“
„Was Großartiges hervorbringen? DASS ICH NICH LACHE!!! Meinst du, ich sei nicht nur naiv, sondern auch noch blöd? Meinst du, ich wüßte nicht, daß du seit Monaten nix mehr auf die Reihe gekriegt hast? Meinst du, ich glaube dir den Scheiß mit dem langen Roman, den du angeblich am schreiben bist? Das soll ein Romanmanuskript sein, das da in deinem Rucksack vor sich hin knittert? Damit kann man sich nicht mal vernünftig den Hintern abwischen! HANK, WILLST DU MICH VERARSCHEN? Du bist nicht nur ein Versager, du bist obendrein noch ein verlogener Versager! Ich hasse dich! Ich will dich nie wieder sehen! Ich zieh zu meiner Mut-... Ich will, daß du hier ausziehst! SOFORT!!!“
„Sally, du hast in meinen privaten Sachen rumgeschnüffelt? Das ist aber ein eindeutiger Vertrauensbruch. Ich finde, du solltest dich ent- ...“
„Das hier ist meine Bude! Was hier drin rumliegt, ist meine private Sache, und in der schnüffele ich, so viel ich will, kapiert?! Du hast mein Leben ruiniert und willst mir was von Vertrauensbruch erzählen? Steck Dir dein Vertrauen ins haarige Hinterteil! Du hast mich schamlos ausgenutzt. Ich muß mich so für dich genieren vor den anderen Frauen! Immer, wenn ich bei Winthrop einkaufen gehe, tuscheln sie...“
„Naja, aber doch nur, weil du immer soviele Flaschen auf einmal...“
„Erzähl mir nicht, warum die tuscheln! Du bist nie dabei! Du liegst hier auf der Matratze, furzt sie voll und machst dir einen schönen Tag! Und wenn ich dann ganz kaputt und erschlagen heimkomme, dann besorgst du’s mir nicht mal richtig!“
„WIEBITTE!? Ich besorge es dir nicht richtig? Gestern noch hast du meine grandiose Zungentechnik in höchsten Tönen gelobt!“
„Gestern war gestern. Heute ist heute. Mir reicht das mit dir eben nicht mehr. Du bist ein Versager, und von einem Versager kann ich mich nicht befriedigen lassen. Du bringst es einfach nicht mehr. Dir sind deine Träume abhanden gekommen, du hast keine Pläne für die Zukunft. Ich will aber eine Partnerschaft mit Zukunft, ich will einen Mann, auf den ich mich verlassen kann, der nicht davon abhängig ist, daß ich meinen Hintern für ein paar Flaschen Gin meistbietend versteigere! Ich hatte mir mit dir eine schöne Zukunft erhofft, ich wollte Kinder, ein Häuschen im Grünen, einen roten Zweitwagen...“
„Aber Sally-Babe, das wollte ich doch ebenso!“, log ich.
„Dann tu verdammt nochmal etwas dafür! Komm mir nicht immer nur mit Versprechungen und albernen Witzen! Dieses Leben hier ist erstmal vorbei, klaro? Ulraunt hat verlangt, mich von dir zu trennen, ansonsten bin ich ihn als Stammfreier los. Ich hasse diesen klebrigen Schleimbeutel, ich habe ihm ins Gesicht gesagt, daß er mich mal kreuzweise kann, und dazu stehe ich auch. Aber jetzt ist Ebbe im Portemonnaie, und ich habe jetzt keine Lust, zur Kasernenmatratze der Kerzenburg-Wächter zu avancieren. Wenn ich diesen Holzkopf Hull nur sehe und mir vorstelle, mit dem... Nee, nicht mit mir! Also wird nun gespart, und die erste Einsparung besteht darin, daß Du hier rausfliegst! Suche dir einen Job, bringe es zu was Anständigem im Leben, dann kannste meinetwegen wiederkommen...“
Ich redete mit Engelszungen auf sie ein. Dachte mir alle möglichen falschen Versprechungen aus, um sie umzustimmen. Es half nichts. Schließlich, als sie anfing, mich mit leeren Flaschen zu bewerfen und nach meinen Schienbeinen zu treten, kletterte ich unbeholfen an der Strickleiter raus. Sie warf mir das nahezu leere Inventar hinterher, dann hörte ich ihr Fenster knallen und stand mal wieder in der Dunkelheit, ohne zu wissen, wohin.

***
Wer nicht weiß wohin, geht erstmal in eine Bar.
„Hi Winthrop! Schenk mir mal nen Doppelten ein, den brauch ich jetzt.“
„Leck mich, Hank! Ich brech dir lieber ein paar Finger, dann kannste dich rektal besser kratzen.“
„Hör mal, mir ist jetzt nicht nach Witzen zumute! Mach mir ein Glas voll und halt deine Koberschnauze!“
„Am besten brech ich dir gleich den Arm, dann kommste ohne Probleme hoch bis zum Dünndarm!“
„Okay, gehn wir nach hinten?“
„Gehn wir.“

Normalerweise prügelten wir uns immer erst am Ende einer langen Saufnacht, Winthrop und ich. Zuerst trank ich so zehn, zwölf Whisky on the rocks, pöbelte ein paar von Winthrops Gästen an und am Schluß gingen wir dann hinten auf den Hof und trugen es aus wie richtige Männer. Es waren manchmal sehr gute Kämpfe. Winthrop war zwar ein echter Schmierkäse, aber er hatte Mut und als Rechtsausleger einen verdammt deftigen linken Uppercut. Ich war trotz meiner Bierplautze immer noch ein Stückchen wendiger und schneller als er und solange es nicht zum Infight kam, konnte ich mich sehr gut gegen ihn halten. Wir hatten schon manche schöne Vorstellung abgeliefert. Mal siegte Winthrop knapp, mal brachte ich es fertig, erst nach ihm zu Boden zu taumeln.
Am heutigen Abend lief es nicht so gut für mich. Wir waren beide noch stocknüchtern, doch während dies für Winthrop ein Vorteil war, nahm mir der klare Verstand den Schneid. Ich konnte klarer erkennen, worauf ich mich da gerade eingelassen hatte. Winthrop wog bestimmt vierzig Kilo mehr als ich, seine Unterarme hatten vom vielen Bierzapfen eine Art Keulenform bekommen. Wir standen noch gar nicht richtig draußen, keiner hatte ein Zeichen für den Kampfbeginn gegeben, da rammte er mir schon eine dieser Keulen mit Schmackes auf die Leber. Ich wollte zur Seite umkippen, da zirkelte er mir die zweite Keule von links auf die Nieren. Ich hielt mir nach Luft schnappend die Seiten und suchte einen Platz, wohin ich mich zum Sterben niederlegen konnte. Doch sogleich packte Winthrop mich mit beiden Händen an den Ohren, riß meinen Kopf herunter und ließ ihm sein rechtes Knie entgegenschnellen. Als meine Nase und seine Kniescheibe sich trafen, konnte ich der Entstehung einer neuen Galaxie aus der ersten Reihe beiwohnen. Mein Blut düngte den Hinterhofboden.
„Oh Mann, Chinasky, du bringst es echt nicht mehr!“, meinte Winthrop, wickelte seine Hemdsärmel wieder runter, drehte sich um und wollte wieder reingehen, um seinen Job als Barmann auszufüllen. Doch ich war noch nicht fertig mit ihm.
„Winthrop, ich vögel nachher deine Frau und deine Töchter, bis ihnen der Glibber aus den Ohren quillt!“, informierte ich ihn im Aufstehen.
Er drehte sich um: „Ach, tatsächlich? Du brauchst einen Nachschlag?“
Ohne meine Antwort abzuwarten, knallte er mir mit seinem eisenbeschlagenen Stiefel vor’s Knie. Irgendetwas knirschte. Vielleicht meine Zähne, als ich vor Schmerz schielend nach der angemessensten Art Schrei suchte. Winthrop trat auf mich zu, zielte mit der Rechten genau zwischen meine Augen. Doch ich war schnell genug, diesen Angriff zu blocken, indem ich beide Arme vor’s Gesicht riß. Das gab ihm die Gelegenheit, mit seiner Schlaghand eine Punktlandung auf meinem solar plexus hinzulegen. Gern hätte ich Gedärme gekotzt.
Ich kroch auf allen Vieren und untersuchte interessiert, in welche Richtung sich der Boden unter mir drehte.
Winthrop beugte sich zu mir runter: „Na, Chinasky, reicht’s dir jetzt? Weißt du, ich habe keine Lust, dir den Arsch noch weiter aufzureissen, das stinkt immer so ekelhaft...“
„Winthrop!“ stöhnte ich,“Deine Frau wird quieken vor Freude, wenn ich ihn ihr in den Hintern stecke...Wir werden es in dem großen, hellblauen Schlafzimmer deines Reihenhauses machen, die Wände werden erzittern und die Nachbarn sich wundern...“
„Manche kapieren’s nie!“, meinte Winthrop resigniert. Er packte mich an den Haaren, schleifte mich bis zur Wand, knallte meine Stirn ein paarmal dagegen und stopfte mich dann kopfüber in einen der herumstehenden Abfallkübel. Es stank bestialisch. Ich wollte schlafen. Doch Winthrop zog mich wieder raus aus dem Müll, trat mir ein bißchen in die Rippen und beugte sich dann zu mir herunter:
„Ach übrigens – deine Pöbeleien waren auch schon mal origineller und geschmackvoller.“
Ich hatte Blut im Mund und es fiel mir daher schwer, mich genau zu artikulieren:
„Und wenn ich mit deiner Frau fertig bin, dann gehe ich rüber zu deinen...“
Er nahm meinen Kopf und rubbelte mit ihm, die Nase nach unten, ein wenig über den steingepflasterten Boden.
„Wenn du meine Frau oder meine Kinder noch einmal erwähnst, werde ich dir sämtliche Zähne rausbrechen und dafür sorgen, daß du sie einzeln runterschluckst, bevor ich dich an die Hunde verfüttere. Und das ist diesmal kein Witz, okay? Also – halt’s Maul, blute hier noch ein wenig vor dich hin, und wenn ich morgen früh den Müll rausbringe, dann möchte ich von deiner miesen Visage hier nix mehr sehen. Sonst vergesse ich, daß in Kerzenburg eigentlich das Totschlagen untersagt ist. Haben wir uns verstanden, Mister Chinasky?!“
„Reihenhausfuzzy!“
„Okay, ich glaube, er hat’s geschnallt.“, sagte Winthrop zu den paar Zuschauern, die sich unseren Kampf angeschaut hatten und wohl anfingen, sich zu langweilen. Ich hörte, wie sie reingingen und dabei lachten. Dann deckte ich mich mit dem Fußboden zu und ließ meine Seele ein bißchen durch’s Universum kreisen.
Es mußte schon weit nach Mitternacht sein, als ich geweckt wurde. Natürlich durch einen Fußtritt. Der Fuß kam mir bekannt vor, doch erst, als ich hochschaute, erinnerte ich mich an seinen Besitzer. Der Mond warf sein bleiches Licht auf noch bleichere Haare, unter denen eine Niggervisage, schwärzer als die Nacht um uns herum, mich aus violett leuchtenden Augen anstarrte.
Oh, hi, Bayan soundso! Wie geht’s uns denn so, alter Schwede? Lange her, daß ich das Vergnügen hatte -...“
„Stinkendes Bleichgesicht Chinasky!“, meinte er und zeigte damit, daß er auch mich wiedererkannte, „Ich bekomme noch ein Goldstück von dir. Sicherlich hast du das nicht vergessen, und zahlst deine Schulden jetzt gleich und zwar bar...“
Er ließ auf eine widerlich irritierende Weise einen Dolch propellerschnell in seiner Hand kreisen. Mir wurde schon vom Zusehen schwindelig und mein Mageninhalt klopfte an, ob er mal kurz vor die Tür treten dürfe?!...
„Hör mal, Bayan, Bruder im Geiste, ich würde dir gern sofort sämtliche Schulden dieser Welt mit Zins und Zinseszins zurückzahlen. Aber da ist leider ein kleines Problem mit meiner Kreditkarte aufgetreten. Der Bankautomat hat sie heute geschluckt. Sicherlich nur eine Verwechslung, weil ich die Geheimnummer falsch eingegeben hatte! Aber nun stehe, äh, nein, liege ich ohne Bargeld da...“
Der Drow beugte sich zu mir herunter und seine violetten Augen verengten sich zu Schlitzen.
„Paß auf, Bleichgesicht! Es macht mir keinen Spaß, einen Mann, der nicht mal mehr richtig zum Liegen imstande ist, aufzuschlitzen. Wir aus dem vergessenen achten Hause da‘i Baiornne pflegen unsere Feinde auf ehrliche Weise zu foltern, die sollen auch was davon haben... Du stinkst dermaßen, daß ich mein Messer beschmutzen würde, käme es deinem faltigen weißen Arsch auch nur zu nahe. Damit will ich sagen: Ich gebe dir noch eine Chance. Du wirst jetzt aufstehen, dich waschen, und dann in einer Stunde vor der Bibliothek stehen. Dort wird ein alter Mann auf dich warten, der dir was bezüglich einer Reise zu sagen hat, die wir gemeinsam antreten werden. Ist das soweit in dein matschiges Hirn vorgedrungen?!“
„Ich glaube schon...“
„Gut. In einer Stunde, denk dran! Ich warte nicht gern...“

Es gelang mir, ohne von den anderen Gästen oder Winthrop selbst bemerkt zu werden, mich in die Toilettenräume der Kneipe zu stehlen. Der Typ im Spiegel schien mir irgendwie bekannt, zumindest einer weitläufig verwandten Spezies anzugehören. Ich zwinkerte ihm mit dem weniger verschwollenen Auge zu und hielt dann meinen Kopf unter den Wasserhahn. Jemand stupste mich von hinten an. Ich drehte mich um.
Oh, hi, Babydoll Moni! Wie läuft’s denn so!”
„Bist du das, Chinasky?“
„Wie hast du mich erkannt?“
„Gar nicht. Deswegen frage ich ja. Sag mal, hast du gerade die Inspektion eines Lindwurm-Magens hinter dir? Du siehst so verdaut aus...“
„Is’ne etwas längere Story, Moni. Mein letzter Fight mit Winthrop ist nicht ganz nach Plan verlaufen...“
„Dachte ich mir schon. Na, egal. Soll ich dich heilen?!”
„Hast du denn Ahnung von medizinischen Fragen? Ich dachte, du wärst auf Blowjobs spezialisiert...“
„Och, ich bin doch Klerikerin! Da ist das gar kein Problem. Halt mal kurz still!“
Sie stellte sich vor mich hin, murmelte ein paar seltsame Laute, zog aus den Falten ihres unförmigen Umhangs einen kleinen Beutel hervor, aus dem sie mit zwei Fingern etwas Pulver entnahm, warf dies über mir in die Luft und pustete mir dreimal ins Gesicht. Ihr Mund hatte wohl schon länger keinen Zahnbürstenbesuch mehr erlebt. Doch obwohl sie höllisch aus dem Hals stank, fühlte ich mich plötzlich besser. Viel besser! Ich sah verwundert in den Spiegel. Anstelle des blutüberströmten Aliens schaute mich aus ihm nun mein eigenes Gesicht an! Ohne zerbeulte Nase, die Augen nicht zugeschwollen, die Zähne beinahe vollständig versammelt. Es war ein Wunder!
„Babydoll, du bist ein Schatz! Das – das ist unglaublich! Wie hast du das gemacht? Ich fühle mich wie ein junger Gott! Ich könnte alle Jungfrauen des Reiches schwängern! Wie kann ich dir nur danken?!“
„Och“, meinte sie, „Ist doch halb so wild. Schließlich sind wir jetzt ja in einer Party, oder? Das war doch der Grund, weswegen du hergekommen bist, nicht wahr, daß wir jetzt endlich mit unserer Party losziehen!“
Ach ja, da war sowas gewesen. Dunkel erinnerte ich mich eines Verprechens, das ich Moni damals am Tag meiner Ankunft in Kerzenburg gegeben hatte. Sie war so eine Art zweihundertjähriges, bärtiges Partygirl.
„Ja, also, Moni... Das mit der Party, das ist so’ne Sache. Weißt du, dummerweise habe ich eben gerade diesen blonden Nigger getroffen, du weißt schon, Bayan sowieso. Dem schulde ich immer noch ein Goldstück und er hat vor, mir das notfalls aus den Eingeweiden rauszuschneiden, wenn ich ihn nicht in einer knappen halben Stunde draußen vor der Bibliothek abhole. Irgend ein alter Mann hat mir irgendwas zu sagen, meinte er und – naja, weißt du, Moni, der Typ hat so eine unangenehme Art, mit seinem Taschenmesser herumzuspielen...“
„Na, das ist doch Klasse!“, jubelte Babydoll, „Der alte Mann vor der Bibliothek – das ist doch Gorion. Dann geht’s also tatsächlich endlich los, ja?“
„Gorion? Wer soll das denn sein?“
„Na Gorion, dein Ziehvater eben! Sag mal, du bist jetzt schon ein paar Monate hier in Kerzenburg und kennst dich immer noch nicht aus?“
„Scheint wohl so.“
„Na, egal. Wenn Gorion auf uns wartet, dann sollten wir uns beeilen. Komm schon!“
„Hä? - ? - ?“
Gorion war ein alter Knacker, der Probleme hatte, weil ihm beim Sprechen andauernd seine dritten Zähne verrutschten. Er nannte mich immer nur sein „liebes Kind“, obgleich ich mir aus verschiedenen Gründen sicher war, daß es sich bei ihm nicht um meinen Vater handeln konnte.
„Ah, schön, dich zu sehen, mein liebes Kind! Ich sehe, du hast einige Gefährten um dich versammelt. Das ist gut so, denn der Feind lauert schon und jeder Beistand wird dir von Nutzen sein. Die Zeit drängt, Kerzenburg ist nicht länger sicher... So laßt uns denn aufbrechen, am besten sofort jetzt, in der Nacht, damit niemand unsere Flucht bemerkt...“
„Äh – Gefährten? Flucht? Ich verstehe immer nur Bahnhof...“
Bayan trat nah an mich ran und zischte mir mit zusammengebissenen Zähnen zu: „Halt’s Maul und komm mit, verstanden?“ Ich sah etwas Blankes in seiner Hand wirbeln und entschloss mich zu verstehen.
Hull, der Holzkopf, den Sally so wenig ausstehen konnte, öffnete uns das Burgtor, und weil mir nichts anderes übrig blieb, trottete ich ergeben den drei Witzfiguren Gorion, Bayan soundso und Babydoll Moni hinterher. Was sollte das wohl werden, wenn’s mal fertig war?

***

Es war kalt, es regnete etwas, und man sah die Hand vor Augen nicht. Immer wieder trieb Gorion uns an: „Rasch, rasch, wir müssen uns sputen! Wir wollen versuchen, den Freundlichen Arm so schnell wie möglich zu erreichen.“ Doch er zuckelte so langsam dahin, daß selbst die Pilze des Waldes uns zügig überholen konnten. Ich fand diese ganze Unternehmung reichlich dämlich. Was hatte ich hier mitten im Wald zu suchen, bei so einem gichtfördernden Wetter, im Dunkeln, zusammen mit einem blonden Niggerpsychopathen, einer bärtigen Schwanzlutscherin und einem ausgeflippten Parkinsonfall? Ich fror an den Füßen, ich spürte die ersten Anzeichen von Alkoholentzug und wünschte mich zurück in die fünfeckige Bude, um mich an Sallys wundervoll duftendem Arsch zu wärmen. Was sollte dieser schwachsinnige Schulausflug?
Während ich so vor mich hinfluchte, war ich wohl etwas zurückgefallen. Jedenfalls hörte ich vorne plötzlich jemanden sprechen, dessen Stimme ich bislang noch nicht gehört hatte. Da schien noch eine andere Horde von Idioten durch die Gegend gestiefelt zu sein, und wir waren zufällig auf sie getroffen. Ich hatte keine Lust, mich hier im Wald mit irgendwelchen fremden Leuten zu unterhalten. Also setzte ich mich auf einen mit Moos bewachsenen Baumstumpf unter ein paar schützende Tannenzweige, lugte hinaus in den Nieselregen und kümmerte mich nicht weiter um das, was unser selbsternannter Führer Gorion, dieser zahnlose Cicero, mit den Fremden zu bereden hatte. Vor allem, da es sich so anhörte, als bekämen sie miteinander Streit.
Alter Mann, gib mir dein Bündel!“
„Hol’s dir doch, wenn du dich traust!“
„Ey Chef, welches Bündel? Ich denke, es geht hier um ein Mündel...“
Hat dich jemand gefragt, du Depp?! Wenn du nochmal dazwischenquasselst, gibt’s was mit dem Zweihänder...
„Okay, okay, ich bin still wie eine Maus!“
Wollt ich dir auch geraten haben! Also, nun zu dir, Opa, wie sieht’s aus, rückst du bald rüber mit dem Kleinen, oder muß ich ungemütlich werden?
„Laß den Kleinen in Ruhe, der hat dir nix getan. Wenn ihr, du und deine triefäugigen Spießkumpane, nicht bald Land gewinnt, dann wird Meister Gorion mächtig sauer, kapiert?“
Ich mach mir vor Angst in die Hosen!
„Dann paß auf, daß es unten nicht rausläuft! Die sind nämlich schon randvoll.“
Schade, alter Mann, daß du mich zwingst, gegen meine pazifistische Grundeinstellung zu verstoßen!
„Stoße dir eins, wie du willst, aber verkrümel dich endlich, wir wollen weiter.“
„Ey, Chef, darf ich jetzt endlich zuhauen?“
Du redest nur, wenn du gefragt bist, ich möchte das nicht nochmal wiederholen müssen!
„Okay, okay, ich bin still wie eine Maus...“
Also – was ist jetzt?
„Was ist jetzt wie?!“
Ja oder nein?!
„Das könnte dir so passen!“
„Entschuldigung!“, mischte sich eine Stimme ein, die zu Babydoll Moni zu gehören schien, „Könnten wir diese Unterhaltung nicht später fortsetzen? Wenn wir weiter hier im Regen rumstehen, frier ich mir noch meine Möpse ab.“
Genug mit den Präliminarien! Gib dein Mündel raus, oder es setzt was!
„Chef, was sind Prälimidingsda?“
Halt’s Maul!
„Okay, okay, ich bin still wie eine...“
„Kommt gar nicht in die Tüte, mein Mündel bleibt bei mir und ich mach mich jetzt vom Acker. Schönen Tag noch!“
Halt, so kommst du mir nicht davon. Rück das Mündel raus, oder ich polier dir die Beißleiste!“
„Na, dann komm her und versuch es!“
Wenn du mich zwingst, mach ich das wirklich!“
„Kein Problem, ich warte!“
Reize mich nicht bis zur Weißglut!
„Reiz, reiz, reiz!“
Arrgh!!!
„Chef, ich hab nicht richtig verstanden. Heißt das jetzt soviel wie: Zum Angriff, ihr tapferen Mannen?!“
SAG MAL, KÖNNTEST DU NICHT BITTE FÜR EIN PAAR WENIGE SEKUNDEN MAL DEN RAND HALTEN?!
„Oka, okay, ich bin still wie...“
„Wenn ich mich vielleicht vorstellen dürfte, ich bin Bayan da‘i Baiornne aus dem achten vergessenen Hause von...“
Was mischt sich dieser schwuchtlige Nigger denn jetzt noch mit ein?!
„Ich verbitte mir solch eine Beleidigung! Ich bin Bayan da‘i Baiornne, ein tapferer Drow, der jedem, der ihm dumm kommt, ein Zungenpiercing appliziert, daß sich bis zum Rektum fortsetzt!“
Na, mein Süßer, da bin ich aber mal gespannt...
„Chef? Dauert das noch lange? Ich muß nämlich mal...“

Irgendwann mußte ich eingeschlafen sein. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, sah ich unweit von mir auf einer Lichtung ein paar Büschel im Laub liegen. Mein Kopf schmerzte, der Entzug hatte mich inzwischen so richtig auf seine Hörner gespießt. Ich hatte Schüttelfrost, in meinem Mund einen Geschmack wie von verrotteten Mistkäfern, und von oben ditschten mir kalte Tropfen auf die Dauerwelle. Als ich mich erhob, quietschten und krachten alle zur Verfügung stehenden Gelenke protestierend. Ich schleppte mich rüber zu den Büschen. Babydoll-Moni lag da wie notgezüchtigt, mit verkokeltem Bart und verrutschtem Helm. Aber sie schien noch zu atmen. Neben ihr lagen zwei riesige Basketballspieler-Kadaver. Sie atmeten nicht mehr. „Alle Achtung!“, dachte ich, „Die hat Moni sich aber tüchtig zur Brust genommen!“
Ein paar Meter entfernt entdeckte ich einen weiteren Kadaver. Es war der des alten Knackers Gorion. Er atmete ebenfalls nicht mehr. Das hätte ihm auch kaum geholfen, denn seine Brust war mit mehreren Schnittwunden versehen, die bis runter auf die Wirbelsäule gingen. In diesen Lungen hätte sich Luft nicht lange gehalten. Er tat mir leid. Eigentlich hatte ich ihn ganz sympathisch gefunden mit seinen klappernden Dritten. Vielleicht wären wir dereinst Freunde geworden...
Das sah mir insgesamt nach einer hitzigen Diskussion aus, die hier gestern noch stattgefunden haben mußte. Irgendwie war ich froh, mich da rausgehalten zu haben. Ich sah mich desorientiert um und kratzte mich am Steiß. Was sollte ich nun tun?

„Hank! Hank, mein Liebster!“, schall es plötzlich zwischen den Bäumen hervor. Ich drehte mich um. Sally kam angerannt. Sally, meine süße, kleine, knackärschige Sally, die mit den duftenden roten Haaren und den unglaublichen Innenkurven!
„Hi Baby, was machst du denn hier mitten in der Taiga!?“
„Oh Hank, es tut mir so leid, wie ich mich gestern benommen habe, ich war irgendwie verwirrt und hatte meine Tage und die Schuhe waren zu eng und...“
„Schon gut, Kleines. Reg dich ab. Schau mir in die Augen! Hör mal, Süße, der olle Hank ist nicht sauer. Hatte mich ja tatsächlich nicht gerade wie ein Rittersmann benommen.“
„Oh Hank, ich hatte solche Angst um dich! Ich habe überall nach dir gesucht! Jonny erzählte mir, Winthrop hätte dich am Abend in die Mangel genommen und vielleicht tot geschlagen, und dann sagte jemand was, daß du mit Gorion und zwei anderen losgezogen seiest und ich wußte nicht, wohin ihr gegangen seiet und keiner konnte mir helfen und... WER IST DIESE FRAU?!“
„Hä?!“ Ich drehte mich um. „Ach so, die meinst du... Schön, daß du aufgewacht bist, Moni. Meine Damen, darf ich vorstellen: Sally – das ist Babydoll Moni, eine Klerikerin mit Bart. Moni – das ist Sally, eine Meisterdiebin ohne Bart und die Frau, die ich liebe. Na, ich glaube, ihr habt euch schon mal gesehen, oder?!“ Und, zu Moni hin, zwischen den Zähnen raunend, damit Sally es nicht hörte: „Das mit dem Blowjob damals, das vergessen wir mal, okay?!“

Doch die beiden hörten mir überhaupt nicht zu. Sie standen sich gegenüber, jeweils die Hände in die Hüften gestützt, und spielten Mitblickenzusteinverzaubern. Ich überließ sie ihrem Damenkränzchen und ging wieder rüber zu Gorion. Er sah wirklich nicht gut aus. Schade um seine schöne Robe. Die war aus Samt und Seide und hatte bestimmt ein Vermögen gekostet, selbst im Sommerschlußverkauf. Ich überlegte, daß es meine gute Christenpflicht sei, den armen alten Breiesser zu begraben, damit ihn nicht die Raben und Eichelhäher noch weiter zerpflücken konnten. Ohne große Hoffnung schaute ich mich nach einem Spaten um.